Die Waage ist unerbittlich: Sie merken eine Gewichtszunahme am Bauch oder generell eine schnelle Gewichtszunahme in kurzer Zeit, obwohl Sie weniger essen? Oft genug sind es Medikamente, die die körpereigenen Systeme durcheinanderbringen. Ob Hormonspiegel oder Stoffwechsel – schon das Hunger- oder Sättigungsgefühl kann aus dem Gleichgewicht sein. Umso wichtiger ist es, sich zunächst mit den möglichen Ursachen auseinanderzusetzen, um eine wirkungsvolle Gegenstrategie zu entwickeln. Hier erhalten Sie die wichtigsten Fakten im Überblick.
Gewichtszunahme: Diese Medikamente können die Ursache sein
Die Anzahl der Medikamente und Arzneimittel, die immer wieder im Zusammenhang mit einer Gewichtszunahme auffallen, ist groß. Es lassen sich jedoch einige eingrenzen, die sich besonders auf Ihr Gewicht auswirken können, zum Beispiel:
- Antidepressiva und Neuroleptika
- Kortison
- Antidiabetika
- Betablocker
- Hormonpräparate
Natürlich müssen die einzelnen Wirkstoffklassen weiter differenziert werden: Nehmen Sie beispielsweise trizyklische Antidepressiva, enthalten diese Amitriptylin – und der kann für eine Gewichtszunahme von rund 1,8 kg im Monat sorgen. Etwas anders stellt sich die Situation bei den ebenfalls gegen Depressionen eingesetzten Wirkstoffen Imipramin oder Nortriptylin dar. Hier betrug die durchschnittliche Gewichtszunahme nur 1 kg je Monat.
Und es lässt sich nicht verallgemeinern: Wie bei jeder anderen Nebenwirkung auch fallen die Ergebnisse in puncto Gewichtszunahme unterschiedlich aus. Während eine ganze Reihe der Patienten keine Probleme mit der Gewichtszunahme hat, leiden andere dramatisch unter ihrem stark zunehmenden Körpergewicht. Es liegt auf der Hand, dass die konkreten Ursachen genauer ermittelt werden müssen, um zu einem vollständigen Bild zu gelangen.
Warum verursachen Medikamente eine Gewichtszunahme?
Von den individuell unterschiedlichen körperlichen Voraussetzungen abgesehen, lassen sich zwei grundsätzliche Gründe für die Gewichtszunahme bei Medikamenteneinnahme herausarbeiten: Demnach können bestimmte Medikamente
- den Appetit steigern oder
- den Stoffwechsel verlangsamen.
Beide Varianten wirken sich kontraproduktiv auf Ihren Energiehaushalt aus: Entweder konsumieren Sie mehr Energie, als Sie verbrauchen können, oder Sie benötigen deutlich weniger Energie, als Sie aufnehmen. Das Ergebnis ist logisch: Fällt eine Energiebilanz über längere Zeit positiv aus, folgt die Gewichtszunahme. Schauen wir uns die einzelnen Wirkstoffgruppen genauer an, welche eine Gewichtszunahme trotz Sport beziehungsweise eine Gewichtszunahme trotz wenig Essen ausmachen können.
Antidepressiva und Neuroleptika: wenn der Appetit überhandnimmt
Viele Betroffene wissen, dass die Einnahme einiger Antidepressiva den Mund geradezu austrocknen lässt. Auf den ersten Blick erscheint das nicht problematisch, denn ausreichend zu trinken, ist positiv. Allerdings kommt es darauf an, welche Getränke Sie wählen: Löschen Sie Ihren großen Durst mit zuckerhaltigen und süßen Getränken, erhöhen Sie die Energiezufuhr – und es kommt zu einem Ungleichgewicht im Energiehaushalt. Dies lässt sich schnell abstellen, sodass der Wechsel der Getränke einen guten Effekt bringen kann.
Allerdings beeinflussen Neuroleptika und Antidepressiva die Übertragung von Signalen im Gehirn – und das kann den Appetit verstärken: Diese Medikamente setzen auf eine Veränderung des Haushalts der Botenstoffe wie Serotonin, Noradrenalin und Dopamin, um die Stimmung aufzuhellen. Allerdings sorgen diese Botenstoffe auch dafür, dass sich Hunger- und Sättigungsgefühle nicht im Gleichgewicht sind. Die positive Wirkung auf die Stimmung des Erkrankten bringt also eine Veränderung des Hungergefühls mit sich: Sie haben immer wieder Appetit auf Süßigkeiten – mit den bekannten Folgen für den Energiehaushalt.
Kortison: rasche Gewichtszunahme inklusive
Kortison wird wegen seiner schnellen Wirkung bei entzündlichen Prozessen im Körper verschrieben. Allerdings sind die Nebenwirkungen nicht zu unterschätzen, beispielsweise die rasche Gewichtszunahme, was einen sparsamen Umgang mit dem Wirkstoff sinnvoll macht. Die Gewichtszunahme resultiert aus zwei Effekten des Wirkstoffs:
- Das Medikament reduziert den Energieverbrauch, da die entzündlichen Prozesse direkt eingedämmt werden, sodass der Körper nicht mehr kämpfen muss.
- Kortison fördert den Appetit, da dieses Stresshormon den Körper auf einen anstrengenden Kampf vorbereitet – und zu einer verstärkten Nahrungsaufnahme anregt.
Dieser Teufelskreis kann nur schwer durchbrochen werden. Insbesondere bei einer notwendigen längerfristigen Einnahme des Medikaments droht eine enorme Gewichtszunahme. Sinnvoll ist es in diesen Fällen, den Wirkstoff in Intervallen unterschiedlich zu dosieren: Niedrige sollten mit hohen Dosen in kurzen Wechseln verabreicht werden, um eine auf Dauer angelegte Kortisoneinnahme in mittleren Dosen – und damit eine hohe Gewichtszunahme – zu vermeiden.
Antidiabetika: Fetteinlagerungen dank Insulin
Menschen, die unter Diabetes Typ 2 leiden, erhalten zum Ausgleich bestimmte Medikamente oder das Hormon Insulin verabreicht. Vor allem Sulfonylharnstoffe, zum Beispiel Glibenclamid, aber auch Insulin fördern die Gewichtszuname. Gerade Insulin sorgt dafür, dass die körpereigene Fettmasse zunimmt. Besonders fatal: Erhöht sich das Körpergewicht, muss auch die Insulin-Dosis nach oben angepasst werden. Das ist frustrierend, Erkrankte leiden ohnehin und haben es als Folge der Nebenwirkungen zusätzlich noch schwerer, ihr Körpergewicht auf dem bisherigen Niveau zu halten.
Hier empfiehlt sich ein Gespräch mit dem behandelnden Arzt, denn der Blutzuckerspiegel lässt sich in vielen Fällen auch ohne den Wirkstoff Insulin effektiv kontrollieren: Betroffene sollten einerseits ihre Ernährung umstellen, also weniger Kohlenhydrate zu sich nehmen, dafür Gemüse und Eiweiß bevorzugen. Andererseits können neue Medikamente unterstützen, wenn diese Aktivitäten nicht ausreichen. Vor allem DPP-4-Hemmer, also Gliptine, sorgen für den Abbau eines den Blutzuckerspiegel senkenden Hormons im Darm. Als Alternative kommen außerdem SGLT-2-Hemmer infrage, die das Ausscheiden von Blutzucker über den Urin fördern. Erst, wenn all diese Möglichkeiten ausgeschöpft sind und den Blutzuckerspiegel nicht in erforderlichem Maße senken, sollte (und muss) Insulin verabreicht werden.
Gemeinsamer Wirkmechanismus: Kortison und Insulin
Die Appetitsteigerung, die Kortison und Insulin verursachen, ist jedoch nicht der einzige Grund für die Gewichtszunahme unter diesen Medikamenten: Kortison kommt in der Regel zur Linderung von chronisch entzündlichen Prozessen zum Einsatz. Gleichzeitig fördert es den Aufbau der Fettreserven – und das gleich auf zwei Wegen: Es unterstützt aktiv den Fettaufbau und ebnet dem Insulin den Weg, wodurch dieses seine Wirkung optimal entfalten kann. Insulin ist wiederum auch dafür verantwortlich, dass sich in bereits existierendem Fettgewebe und in der Leber immer mehr Fette ansiedeln – und der Abbau gehemmt wird. Das ist für Betroffene doppelt bitter, denn das Abnehmen wird immer schwerer. Sollten Sie also unter Diabetes leiden, ist die exakte und bedarfsgerechte Dosierung von Insulin essenziell wichtig.
Betablocker: weniger Stress, niedrigerer Energiebedarf
Patienten mit koronaren Herzkrankheiten, Herzschwäche oder Bluthochdruck erhalten oft Betablocker wie Bisoprolol oder Metoprolol verschrieben. Die Wirkstoffe heißen nicht umsonst Blocker, denn sie machen die am Herzen befindlichen Rezeptoren unempfindlicher gegen die vom Körper produzierten Stresshormone. Dieser Wirkmechanismus beugt einem hohen Blutdruck und einer weiteren Gefäßschädigung vor, was wiederum das Risiko reduziert, einen Schlaganfall oder Herzinfarkt zu erleiden. Doch diese Medikamente senken neben dem Blutdruck auch die Wärmeproduktion und den Energieumsatz.
Insgesamt ist die Studienlage zu dieser Nebenwirkung noch dünn. Fakt ist: Betroffene haben oft weniger Energie und müssen sich häufiger ausruhen – was eine Gewichtszunahme fördert, sofern die Energiezunahme nicht reduziert wird. Hier empfehlen sich alternative Wirkstoffe wie Diuretika, die kaum Einfluss auf die Gewichtszunahme haben.
Hormonpräparate: Wassereinlagerungen statt "echter" Gewichtszunahme
Es gibt eine ganze Reihe von Medikamenten, die eine Einlagerung von Wasser verursachen. Dazu zählen neben hormonellen Verhütungsmitteln vor allem ACE-Hemmer, einige Antidepressiva und Blutdrucksenker sowie Lithium. Sofern die Betroffenen die Medikamente nur über kürzere Zeit einnehmen müssen, ist das in der Regel nicht problematisch. Sobald sie die Einnahme beenden, verschwinden auch die lästigen Wassereinlagerungen wieder. Bei längerfristigen Verordnungen empfiehlt sich eine Rücksprache mit dem behandelnden Arzt, um die Möglichkeit einer alternativen Behandlung abzuklopfen.
Was tun bei Gewichtszunahme durch Arzneimittel?
Um es vorwegzunehmen: Vor allem übergewichtige Menschen, die auf diese Medikamente angewiesen sind, stehen vor einer echten Herausforderung. Sie bemühen sich darum, die weitere Gewichtszunahme zu stoppen – und können doch die Nebenwirkungen nicht ohne Weiteres kompensieren. Hier ist es wichtig, sich die Ursachen der medikamentös bedingten Gewichtszunahme vor Augen zu führen – und eine Gegenstrategie zu entwickeln. Einige Gedanken dazu sollen Ihnen weiterhelfen:
Tipp 1: Ausgewogen ernähren und bewegen
Diese Empfehlung ist grundsätzlicher Art, sie entfaltet ihre Wirkung ganz unabhängig, ob Sie Antidepressiva, Kortison oder Antidiabetika einnehmen: Stellen Sie Ihre Ernährung ebenso konsequent um, wie Sie das Training Ihres Körpers intensivieren! Gehen Sie Schritt für Schritt vor, denn Sie haben ein Stück Arbeit vor sich. Vielleicht sind Sie körperlich eingeschränkt und nutzen beispielsweise einen Treppenlift. Dies sollte Sie nicht davon abhalten, sich sportlich zu betätigen. Es lohnt sich: Sprechen Sie mit Ihrem behandelnden Arzt und nutzen die Hilfsangebote, die Ihnen die Krankenkasse unterbreitet. Dabei kann es sich um Ernährungsberatung und Sportangebote handeln sowie um spezielle Therapien, die ab einem bestimmten BMI verordnet werden. Mit jedem Kilo Körpergewicht, das Sie trotz Medikamenteneinnahme verlieren, werden Sie weitere Motivation spüren. Und Sie werden sich wohler fühlen – Ihre Gesundheit dankt es Ihnen.
Tipp 2: Medikamentenumstellung – insbesondere Erkrankungen der Psyche
In den meisten Fällen gibt es eine Alternative bei den verordneten Medikamenten. Wichtig ist jedoch: Setzen Sie die bisher verordneten Medikamente auf keinen Fall alleine ab – Gewichtszunahme hin oder her! Besprechen Sie Ihr Anliegen unbedingt mit dem behandelnden Arzt. Bei psychischen Erkrankungen gibt es verschiedene Wirkstoffgruppen, sodass Sie in der Regel eine gute Alternative nutzen können. Doch müssen die alten Medikamente zunächst meist ausgeschlichen werden, bevor Sie neue einnehmen können. Stimmen Sie Ihr Vorgehen explizit mit Ihrem Arzt ab, um keinen größeren Schaden anzurichten. Es kann sein, dass Sie zunächst ein Mittel verordnet bekommen, das nicht die gewünschte Wirkung zeigt. Dann geben Sie bitte nicht auf, sondern lassen Sie sich bei der Medikamentenumstellung ärztlich begleiten und vom sozialen Umfeld unterstützen.
Tipp 3: Bisherige Dosierung überprüfen
Erfahrungsgemäß macht die Dosis die Wirkung – auch in Bezug auf die Gewichtszunahme: Bei Insulin, Kortison und Antidepressiva zeigt sich, dass eine hohe Dosierung eine starke Gewichtszunahme zur Folge hat. Vielleicht lassen sich Ihre gesundheitlichen Probleme mit einer niedrigeren Dosis in den Griff bekommen? Konsultieren Sie dazu unbedingt Ihren Arzt, der die Reduzierung der Dosierung akribisch überwachen sollte. Erläutern Sie genau und nachvollziehbar, wie sehr Sie unter der Gewichtszunahme leiden – Ihr Arzt wird dies mit Sicherheit verstehen.
Tipp 4: Absetzen der Medikamente
Nicht jede Angststörung oder Depression muss auf Dauer medikamentös behandelt werden. Den Dingen auf den Grund zu gehen, zum Beispiel in einer Psychotherapie, ist der erste Schritt auf dem Weg zur Besserung. Allerdings sollten Sie nicht unterschätzen, wie weit und wie schwer dieser Weg sein kann. Am Ende wartet im besten Fall ein erfülltes Leben ohne Medikamente. Davon profitiert Ihre körperliche und seelische Gesundheit.
Ist ein kompletter Verzicht auf Medikamente wegen des Krankheitsbildes nicht möglich, sollte Ihr Ziel sein, eine Therapie zu finden, die die Gewichtszunahmen nicht fördert. Auch dieser teilweise erhebliche Aufwand ist lohnenswert: Sie entledigen sich eines zusätzlichen Stressfaktors – und das ist ein gutes Ziel.
Medikamentös bedingte Gewichtszunahme – keinesfalls unvermeidbar
Eine behandlungsbedürftige Krankheit ist an sich belastend. Nehmen Betroffene jedoch noch erheblich zu, weil die notwendigen Medikamente dies fördern, beginnt für viele ein wahrer Teufelskreis: Je mehr sie wiegen, desto höher müssen die Medikamente dosiert werden – und desto stärker steigt wiederum das Gewicht. Das löst zusätzlichen Stress aus und führt leider oft genug zu Frust und Resignation. Nehmen Sie diese Situation nicht hin, sondern ergreifen Sie die Initiative: Zunächst gilt es herauszufinden, auf welchem Wirkmechanismus die Gewichtszunahme beruht. Die wichtigsten Informationen dazu haben wir Ihnen zusammengestellt. Im nächsten Schritt erarbeiten Sie gemeinsam mit Ihrem Arzt eine Strategie, um Ihr Gewicht – und damit Ihr Leben – wieder ins Lot zu bringen. Keinesfalls sollten Sie auf eigene Faust Medikamente absetzen oder austauschen. Ihr Arzt berät Sie auch dazu, mit welchen Leistungen Sie Ihre Krankenkasse unterstützen kann – und gemeinsam haben Sie gute Chancen auf Erfolg!
FAQ – Häufig gestellte Fragen zur Gewichtszunahme durch Medikamente
Bei welchen Krankheiten nimmt man an Gewicht zu?
Warum nimmt man ohne Grund zu?
Warum wird mein Bauch immer dicker, obwohl ich wenig esse?
Woher kommt eine plötzliche Gewichtszunahme?
Haftungsausschluss und allgemeiner Hinweis zu medizinischen Themen: Die hier dargestellten Inhalte dienen ausschließlich der neutralen Information und allgemeinen Weiterbildung. Sie stellen keine Empfehlung oder Bewerbung der beschriebenen oder erwähnten diagnostischen Methoden, Behandlungen oder Arzneimittel dar. Der Text erhebt weder einen Anspruch auf Vollständigkeit noch können die Aktualität, Richtigkeit und Ausgewogenheit der dargebotenen Information garantiert werden. Der Text ersetzt keinesfalls die fachliche Beratung durch einen Arzt oder Apotheker und er darf nicht als Grundlage zur eigenständigen Diagnose und Beginn, Änderung oder Beendigung einer Behandlung von Krankheiten verwendet werden. Konsultieren Sie bei gesundheitlichen Fragen oder Beschwerden immer den Arzt Ihres Vertrauens!
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