Die Studie „Wohnen im Alter“ aus 2016 von TK Elevator zeigt es deutlich: Die Mehrheit der Deutschen möchte im Alter zu Hause wohnen bleiben. Ihr vertrautes Eigenheim möchten ebenso wenig pflegebedürftige Menschen verlassen. Häufig übernehmen daher Familienangehörige, Freunde oder ambulante Dienste die Pflege und Betreuung. Das Pflegestärkungsgesetz unterstützt diese Versorgung in den eigenen vier Wänden durch höhere finanzielle Zuschüsse und mehr Flexibilität.
Fünf Pflegegrade statt drei Pflegestufen
Zum 1. Januar 2017 wurden im Rahmen des zweiten Pflegestärkungsgesetzes (PSG II) die gesetzlich definierten Pflegestufen 1, 2 und 3 in die neuen Pflegegrade 1, 2, 3, 4 und 5 umgewandelt. Diese Überleitung ist in § 140 Sozialgesetzbuch Elf (SGB XI) verankert. Es soll die Situation von pflegebedürftigen Menschen und Pflegekräften verbessern und die besonderen Bedürfnisse von Menschen mit Demenz berücksichtigen. Ihnen sollen die gleichen Pflegeleistungen zugesichert werden können, wie körperlich beeinträchtigten Menschen.
Definition der Pflegebedürftigkeit, Begutachtungsassessment und Pflegegrade
Vor 2017 wurde für die Einordnung in eine der damals geltenden drei Pflegestufen nur der Zeitaufwand der Pflege und der Betreuung ermittelt. Menschen mit einer eingeschränkten Alltagskompetenz (z. B. Demenz) hatten es in der Vergangenheit schwer, eine damalige Pflegestufe zu bekommen. Mit der Einführung des zweiten Pflegestärkungsgesetzes und des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs im Januar 2017 wird seither auch Menschen mit geistigen, kognitiven und psychischen Beeinträchtigungen ein Zugang zu den Leistungen der Pflegeversicherung ermöglicht. Pflegebedürftigkeit definiert sich nicht mehr danach, wie viel Zeit pro Tag ein Mensch auf Hilfe angewiesen ist. Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff orientiert sich nun daran, wie selbstständig ein Mensch seinen Alltag bewältigen kann.
Zudem wurde durch das seit 1. Januar 2017 geltende zweite Pflegestärkungsgesetz das bestehende Begutachtungsverfahren durch ein „Neues Begutachtungsassessment“ (NBA) ersetzt. Im Rahmen des Begutachtungsassessments wird jeder Winkel der Pflegebedürftigkeit begutachtet, d.h. unabhängig davon, ob die Pflegebedürftigkeit auf körperlichen, psychischen oder kognitiven Beeinträchtigungen beruht. So wird auch der Grad der Selbstständigkeit ermittelt und nicht mehr ausschließlich der zeitliche Aufwand berücksichtigt.
Die Module, welche in das „Neue Begutachtungsassessment (NBA)“ zur Bestimmung der Pflegebedürftigkeit einfließen und zur Ermittlung des Pflegegrades dienen, teilen sich wie folgt auf:
Im Auftrag der Pflegekasse erstellt der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) ein unabhängiges Gutachten. Für die Erstellung dieses Gutachtens erfolgt ein Besuch durch den MDK. Hierbei sollte der MDK den Pflegebedürftigen am besten in einer ganz normalen Alltagssituation erleben. Anhand dieses Gutachtens entscheidet die Pflegekasse über den Pflegegrad.
Unser Tipp für Sie:
Zur Vorbereitung auf den Besuch des MDK ist es sinnvoll Fotokopien der Krankenberichte des Krankenhauses oder des zuständigen Arztes zur Verfügung zur stellen. Zudem ist es ratsam ein Pflegetagebuch, in welches alle Pflegeaufwendungen und deren zeitlicher Aufwand eingetragen werden, zu führen. Dokumentieren Sie die Tätigkeiten im Rahmen der oben erläuterten Module und in welchem Rahmen hier Hilfe benötigt wird. Ein Pflegetagebuch kann die Begutachtung des Pflegebedürftigen erleichtern. Mehr Informationen hierzu können Sie auch hier nachlesen.
Die einzelnen Pflegegrade sind unterschiedlich definiert, wodurch deutlich wird, welche Einschränkungen in Bezug auf die Selbstständigkeit vorliegen. Die Selbstständigkeit Antragstellers ermittelt der Gutachter mit dem neuen Begutachtungsinstrument NBA nach einem Punktesystem. Dabei gilt: Je mehr Punkte der Pflegebedürftige bei der Begutachtung erhält, desto schwerwiegender ist sein Pflegegrad und desto höher sind die Leistungen der Pflegekasse. Im Detail bedeutet das:
Pflegebedürftige Menschen, die bis zum 31. Dezember 2016 einer Pflegestufe zugeordnet waren, brauchten keinen Antrag auf Feststellung eines Pflegegrades zu stellen. Eine Bestandsschutzregel hat dafür gesorgt, dass Pflegebedürftige, die bereits 2016 Leistungen aus der Pflegekasse erhalten haben, diese Leistungen 2017 im Zuge des zweiten Pflegestärkungsgesetzes weiterhin mindestens im gleichen Umfang erhalten und nicht schlechtergestellt werden konnten. Im Gegenteil: Für viele Pflegebedürftige hat sich der Leistungsumfang sogar verbessert.
Zuschüsse für Umbaumaßnahmen schon ab Pflegegrad 1
Oft sind Umbaumaßnahmen erforderlich, damit das Wohnen in den vertrauten vier Wänden auch im Alter weiterhin möglich ist. Ein Beispiel dafür ist der Einbau eines Treppenlifts. Damit Pflegebedürftige in der eigenen Wohnung bleiben können ist es möglich, dass ab Pflegegrad 1 Umbaumaßnahmen mit bis zu 4.000 € bezuschusst werden. Sind beide Ehepartner anspruchsberechtigt, verdoppelt sich der Zuschuss auf 8.000 € pro Umbaumaßnahme. Leben mehrere Anspruchsberechtigte in der Wohnung oder dem Haus, erhöht sich der mögliche Zuschuss sogar auf bis zu 16.000 €.
Durch das zweite Pflegestärkungsgesetz erhalten pflegende Angehörige bessere Konditionen bei der Unfall- und Arbeitslosenversicherung. Außerdem zahlt Pflegeversicherung für mehr pflegende Angehörige Rentenbeiträge aus, sofern der pflegebedürftige Angehörige mindestens Pflegegrad 2 hat.
Die Änderungen des zweiten Pflegestärkungsgesetzes in der Übersicht:
Ersetzung der alten 3 Pflegestufen durch 5 Pflegegrade
Begutachtung auch von kognitiven und psychischen Beeinträchtigungen
Prüfung des Grades der Selbstständigkeit
Einstufung nach Punktesystem in sechs Bereichen
Keine Einstufung der Pflegebedürftigkeit auf Basis des Zeitaufwands in Minuten mehr
Tabelle als Download
Die Leistungsbeiträge bei Pflege auf einen Blick:
Strukturiert und übersichtlich: Welche Leistungsarten gibt es? Welche Leistungen erhalte ich bei welchem Pflegegrad? Die Leistungen des PSG II in Tabellenübersicht hier für Sie zum Download: